Aufbruch nach Asuncion

Dass ich nach dieser langen Zeit noch befürchten musste, von meinem Vater gesucht zu werden, war kaum anzunehmen. Ich konnte es also ruhig wagen, wieder nach Asuncion zurückzukehren, und tat dies auch.

Mit dem gepackten Bündel schlenderte ich durch die Stadt, den äußersten Vororten zu, und ging in ein Almacen (Gemischtwarenladen), um einen kleinen Imbiss zu mir zu nehmen. Der Wirt begrüßte mich sehr freundlich und fragte, ob ich nicht bei ihm in Arbeit gehen wolle, er könne nötig einen solchen Jungen gebrauchen. Wahrscheinlich hatte er sofort gesehen, dass ich Arbeit suchen würde. Nach einigem Zögern sagte ich zu, und nahm gleich meine Beschäftigung auf.

Zuerst musste ich mit einer schweren Axt große Holzblöcke zerhacken und im Laden die verschiedenen Waren und Preise kennenlernen, denn ich sollte auch im Geschäft mithelfen. Ich merkte sofort, dass diese Stellung nicht mit meiner ersten zu vergleichen war. Aber durchhalten wollte ich doch!

Mein neuer Herr war ein Italiener. Er wohnte schon zwanzig Jahre im Land und sprach fließend Spanisch und Guarany. Außerdem benahm er sich oft sehr grob, weil er gerne ein paar Gläser über den Durst trank. Es kam nicht selten vor, dass ich saftige Ohrfeigen erhielt. Dann flüchtete ich immer zu seiner Gattin, die ständig wegen einer Krankheit im Bett lag. Sie erschien mir wie ein sanfter Engel im Gegensatz zu ihrem Gatten. Herr Alfonso war reich, aber ebenso geizig, wenn es sich um seine Familie oder seine Angestellten handelte, was mir absolut nicht gefiel.

Alle möglichen Arbeiten hatte ich da zu verrichten, und es ist mir manche nette Erinnerung geblieben. So kannte ich da zum Beispiel einen Gast, der von der Theke im Laden reichlich Gebrauch machte. Es war eigentlich sonst ein verkommenes Genie, und ich glaube Trinken war das Einzige, was dieser Mann konnte. Wenn sein Geld alle war, ließ er einfach anschreiben. Im Almacen des Herrn Alfonso war er gut bekannt, und so hatte er da keine Schwierigkeiten zu überwinden. Mit der Zeit wurde aber die Rechnung so hoch, dass mein Herr den Tag der Bezahlung sehr herbeiwünschte. Der Gast dachte aber noch gar nicht daran, Geld mitzubringen. Wenn er zu uns kam, versuchte er immer meinen Chef durch allerlei lustige Geschichten von der Frage abzubringen, wann das Geld da sei. So erzählte er auch einmal, dass zwei Matrosen eine Apfelsinenschlacht geführt hätten, um sich bei einem Mädchen ein Ansehen zu verschaffen. Der Mann schilderte in den buntesten Farben, wie das zugegangen sein soll. Herr Alfonso aber hatte gleich die gute Idee, auch eine Apfelsinenschlacht zu veranstalten, und weihte mich unauffällig in seinen Plan ein. Wir nahmen einen Korb voll faule Früchte, die wir gerade vorher ausgesucht hatten und bombardierten den armen Mann vom Ladentisch so sehr, dass er sich nicht mehr zu helfen wusste, und die Flucht ergriff. Doch das Bombardement ging weiter, bis er um die Straßenecke verschwunden war. Ein Polizist, der gerade vorbei ging, als Herr Alfonso die letzten Apfelsinen hinter dem Sünder herwarf, verhängte meinem Chef eine Ordnungsstrafe von hundert Peso. Außerdem musste er im Beisein des Schutzmannes die Straße von den verfaulten Apfelsinen reinigen. Ich stand dabei, und lachte mir ins Fäustchen. Nachdem die Straße sauber war, bekam ich Prügel, weil ich nicht geholfen hatte. Am anderen Tag kam der Gast wieder und bezahlte seine Rechnung. Sie betrug achtundsiebzig Peso. Mein Chef war wütend, und warf ihn hinaus, indem er ihm einen kräftigen Fußtritt versetzte. Damit war diese Sache für ihn abgetan. Ich habe noch lange darüber gelacht, und bekam an diesem Tage noch mehr Ohrfeigen.

Einige Zeit später kaufte Herr Alfonso einen halben Zentner ganzen Pfeffer, den ich mit einem anderen Jungen mahlen musste. Im Geschäft wurden dann die Tüten eingefüllt. Je ein Kilo. Herr Alfonso saß eines Tages gerade beim Essen, als wir den Pfeffer einfüllen wollten. Er wollte sich immer selbst überzeugen, damit auch nicht zu viel hineingetan wurde. Während er nun neben mir an der Wage stand, verpfefferte ihm mein Gehilfe das Essen. Am Abend bekamen wir beide nichts zu Essen.

Ein anderes Mal schütteten wir ihm Petroleum in die Schnapsflaschen, dadurch verlor er ein paar Kunden.

So haben wir immer unseren Spaß gemacht, wofür wir immer den Hosenboden voll bekamen.

Die Zeit rann dahin, und Herr Alfonso verkaufte sein Geschäft, um sich im Hafenviertel einen neuen größeren Geschäftsraum zu mieten. Diesen ließ er sich von einem eingeborenen Tischler einrichten, dem ich sehr oft bei der Arbeit helfen musste.

Das sagte mir mehr zu als das Verkaufen im Almacen. Der Tischlermeister war auch ein ganz angenehmer Mensch, nur hatte er ein affenähnliches Aussehen, was mich aber nicht besonders störte. Es dauerte nicht lange, und wir waren gute Freunde.


Weiter >>