Meine erste Anstellung in der Hauptstadt

Dem Schuster half ich, wo es etwas zu tun gab, und blieb vier Tage bei ihm. Dann kam der Sonntag, an dem ich meine neue Stellung antreten sollte. Gegen Mittag brachen wir nach dem zwei Kilometer entfernten Landhaus auf, und die Schusterfamilie begleitete mich. Es war ein recht schöner Spaziergang. Frau Sanches kam ihrer Schwester mit ausgebreiteten Armen entgegen.

„Herrlich“, dass ihr uns einmal besucht! Warum habt ihr Euch denn so lange nicht sehen lassen?“

„Ja, wir können doch nicht jeden Sonntag hier heraus laufen,“ antwortete die Gattin des Schusters lachend. „Aber dafür haben wir Euch heute etwas mitgebracht!“

Dann wurde ich dem Herrn des Hauses vorgestellt und ich hatte einen sehr guten Eindruck von der Familie. Der kleine Junge, den ich in Zukunft zu versorgen hatte, war ein lieber Kerl, und wir freundeten uns gleich an.

Als die Schusterfamilie gegen Abend den Heimweg antrat, fühlte ich mich schon wie zur Familie gehörig. Die spanische Sprache beherrschte ich schon sehr gut und es fiel mir auch sonst nicht schwer, mich in die neuen Verhältnisse hinein zu finden.

Meine Arbeit war leicht. In der Hauptsache hatte ich das vierjährige Kind zu betreuen, und der Hausfrau in der Küche zur Hand zu gehen. Nebenbei musste ich noch die Einkäufe erledigen, und die Blumen, die sehr zahlreich vorhanden waren, mit frischem Wasser versorgen. Damit war nun ein neuer Lebensabschnitt für mich angetreten.

Es gefiel mir sehr gut, und ich konnte mir keinen besseren Arbeitgeber wünschen als Herrn und Frau Sanches B. Ich wurde wie das eigene Kind behandelt und durfte an allem teilhaben. Manchmal machten wir auch Ausflüge, bei denen wir oft tagelang unterwegs waren, um die weitverzweigte Verwandtschaft meiner Arbeitgeber zu besuchen. Krach gab es natürlich auch ab und zu, aber Frau Sanches verstand es immer meisterhaft, diese kleinen Streitigkeiten zu schlichten.

Von dieser Arbeitsstelle aus begann nun ein reger Briefwechsel mit meiner Mutter, die mir später ein Paket dorthin schickte, das aber erst ankam, als ich die Stellung schon gewechselt hatte.

Zwei Monate dauerte meine Beschäftigung in diesem Hause, und konnte noch immer nicht zu dem Schuster kommen. Aber ich wollte wieder in die Stadt zurück, um mir eine Stellung zu suchen, bei der ich mehr verdienen konnte, denn ich wollte mir das Fahrgeld nach Deutschland selbst zusammensparen.

Ich kündigte also, und verließ meine Herrschaft in der freundlichsten Weise.


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