Die weißen Fassaden der Hochhäuser gaben das strahlende Licht der warmen Nachmittagssonne zurück. Überall grüßten himmelhohe Wolkenkratzer zu uns herab, und die belebten Straßen waren von Fußgängern, Autos, Straßenbahnen und anderen Fahrzeugen förmlich vollgestopft. Das nerventötende Hupen und Tuten brach sich tausendfach an den hohen Geschäftshäusern.
Wir waren mit den Straßenordnungen noch nicht so richtig vertraut, und mussten uns deshalb sehr in acht nehmen, damit uns nichts passierte. Alles fuhr links. Autos parkten mitten auf der Fahrbahn. Straßenbahnen rollten klingelnd an uns vorüber. Lichtreklame blitzte auf. Von überall her strahlte buntes Licht trotz der frühen Zeit. An großen Straßenkreuzungen standen Schutzleute in weißen Handschuhen, und gaben Zeichen. Sie hatten einen Sonnenschirm über sich, der sie vor allzu großer Hitze schützte.
Aus Gartenlokalen klang verlockende Tanzmusik und lud zum Rasten ein. Unsere Zeit war jedoch zu sehr bemessen, als dass wir uns mit so etwas hätten abgeben können. Wir wollten ja auch noch so vieles sehen! Und dann hatten wir auch gar keine Lust, uns in ein Lokal zu setzten. Uns war das Fremdartige auf den Straßen und Plätzen viel interessanter.
Auf einem kleinen Platz hatte sich eine Kapelle der Heilsarmee aufgestellt und spielte mit besonderer Inbrunst Marschmusik. Anschließend sammelten die Musikanten Almosen für die armen Seelen, und verteilten Kirchenblätter, auf denen der nächste Gottesdienst angekündigt war.
Gegenüber lagen zwei Betrunkene auf einer Bank, und schliefen ihren Rausch aus, den sie sich mit billigem Zuckerrohrschnaps angetrunken hatten. Ein Passant, der sie wecken wollte, erhielt einen derben Fußtritt, dass er sich beim Weitergehen die bessere Hälfte reiben musste.
Unser Weg ging durch Unterführungen und Gartenanlagen, durch breite Geschäftsstraßen und schmale Arbeiterviertel.
Kreuz und quer marschierten wir, bis wir spät abends endlich wieder das Hafengebiet erreicht hatten, und uns auf der „Espana“ zum letzten Mal zur Ruhe legten.
Buenos Aires ist eine wunderschöne Stadt und man nennt sie nicht umsonst das New York des Südens. Das gesamte Stadtbild ist beherrscht von Blumen und Früchten, die überall zu haben sind. Schuhputzer schreien sich die Lunge nach Arbeit aus, und Zeitungsverkäufer eilen im Laufschritt durch die Straßen oder hängen sich mit unglaublicher Sicherheit an Autos und Trambahnen. Dabei rufen sie ununterbrochen:
„El Dia, el Diario! El Pais, el Mundo!“
Diese Jungens haben auch sehr gute Augen. Man braucht nur den Finger in die Höhe zu heben, schon ist einer da und hat dem Käufer das Geldstück aus der Hand gerissen. Herausgegeben wird nichts, es stimmt immer!